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Limbic Types und Personas

Limbic Types ist ein valides Zielgruppen-Modell, das Konsument:innen über Hauptemotionsfelder einer bestimmen Persönlichkeitsstruktur zuordnet. Wie das genau funktioniert und was das mit Personas zu tun hat.

 

 

Der „Homo Oeconomicus“, wie um die Jahrhundertwende vom 19. Zum 20. Jahrhundert beschrieben, stellt „… in allen Lebensbeziehungen den Nützlichkeitswert voran. Alles wird für ihn zu Mitteln der Lebenserhaltung, des naturhaften Kampfes ums Dasein und der angenehmen Lebensgestaltung.“ (Eduard Spranger, 1914).
Im Laufe der Zeit hat sich der arme Homo Oeconomicus eine Menge Kritik anhören müssen, darunter, er sei ein rein männliches Modell für privilegierte Schichten, er sei egoistisch und würde tatsächliches, irrationales Verhalten, wie durch Emotionen, Framing oder Default-Effekt hervorgerufen, nicht berücksichtigen und er sei überhaupt ein sehr emotionsloser Zeitgenosse.

Demgegenüber steht heute das in den 90er Jahren von Dr. Hans-Georg Häusel entwickelte Modell der „Limbic Types“.

Limbic Types – Modernisierung Richtung Realität

Dieses Modell geht davon aus, dass Emotionen in allen unseren Entscheidungen eine wichtige Rolle spielen, sodass eine scheinbar „irrationale“ Entscheidung gefühlt die bessere Wahl sein kann. Des Weiteren geht das Modell der Limbic Types von der Vormacht des unbewussten aus. Erkenntnisse aus der Hirnforschung bestätigen das.

Die individuelle Persönlichkeit eines Menschen und seine Emotionen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung stehen dabei im Mittelpunkt. Wir alle treffen Bauchentscheidungen. Oder solche, die mit reiner Vernunft nicht zu erklären sind. Genau deswegen ist der Ansatz der Limbic Types für die Bereiche Marketing und Recruiting so interessant.

Menschen haben drei essenzielle, vitale Bedürfnisse, die die Basis der bekannten Bedürfnispyramide bilden: Nahrung, Schlaf, Reproduktion. Diese werden von drei Kern-Emotionssystemen begleitet: Balance, Dominanz und Stimulanz. Zusammen bestimmen sie unser Denken und Handeln. Jedes der Kern-Emotionssystems hat weitere Submodule, wie z.B. Bindung oder Fürsorge innerhalb der Balance. Wir alle verfügen über alle drei Emotionssysteme, allerdings nicht in der gleichen Ausprägung. Die individuelle Ausprägung der Emotionssysteme und deren Submodulen bestimmen unsere Vorlieben und damit unser Handeln. Das limbische System ist der Hirnbereich, der dafür zuständig ist, daher der Name des Modells.

Ordnung muss sein

Jeder Kunde und jede Kandidatin haben also individuelle Vorlieben und Beweggründe, ein Produkt zu kaufen oder nicht zu kaufen oder eine Stelle anzutreten oder abzulehnen. So viel Komplexität ist allerdings leider nicht praxistauglich: Um Kund:innen und Kandidat:innen effizient ansprechen zu können, müssen wir sie segmentieren können. Zum Glück haben Menschen unbewusst eine Tendenz in die eine oder andere Richtung, zum einen oder anderen Emotionsschwerpunkt und lassen sich anhand dessen gut kategorisieren. Die Forschung hat dabei sieben „limbische Persönlichkeitstypen“ identifiziert:

  • Traditionalisten legen Wert auf die Emotionsfelder „Tradition“ und „Sicherheit“. Bei ihnen ist von den drei Kern-Emotionssystemen das der Balance am stärksten ausgeprägt. Im Zusammenspiel mit dem Stresshormon Cortisol führt diese Eigenschaft dazu, dass sie an Gewohnheiten hängen und ihnen Vertrautes lieb ist, genauso wie Ordnung. Sie legen keinen Wert auf Luxus.
  • Hamoniser haben ebenfalls das Emotionssystem der Balance stark ausgeprägt, hier liegt der Fokus auf den Submodulen Fürsorge und Bindung, die im starken Zusammenhang mit der Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin stehen. Familie und Geborgenheit haben für sie einen hohen Stellenwert, sie verhalten sich oft altruistisch. Das spiegelt sich auch im Arbeitsleben wider, denn sie ergreifen oft Care-Berufe oder sind an anderen Arbeitsplätzen an gutem Miteinander interessiert.
  • Offene haben eine optimistische Einstellung zum Leben, wollen sich wohlfühlen und das Leben genießen. Bei ihnen ist die das Emotionssystem der Dominanz nur schwach ausgeprägt, sie pendeln zwischen Stimulanz und Balance. Daher ist ihnen Status nicht wichtig, ein lockeres, modernes Leben aber schon. Auf dem Arbeitsmarkt lockt man Offene nicht mit Aufstiegschancen hinter dem Ofen hervor, wohl aber mit einer guten Work-Life-Balance.
  • Hedonisten streben nach maximalem Spaß. Ihr stärkstes Emotionssystem ist die Stimulanz, sie suchen nach allem, was einen Dopamin-Schub verspricht. Hedonisten sind kreativ, setzen Trends und konsumieren gern, legen aber wenig Wert auf Qualität oder Nachhaltigkeit.
  • Abenteurer scheuen keine Risiken und streben nicht danach, sich an die Gesellschaft und ihre Konventionen anzupassen. Sie lieben ihre Freiheit und Autonomie und können impulsiv oder sogar rebellisch sein. Sie kaufen Produkte, die dieses Lebensgefühl ausstrahlen und eignen sich kaum für Routinejobs oder konservativ aufgestellte Unternehmen mit festen Hierarchien und Arbeitszeiten.
  • Performer liegen auf der „Limbic Map“ (s.u.) ganz im Bereich des Emotionssystems der Dominanz, welches mit einem hohen Testosteronspiegel einhergeht. Daher hat diese Gruppe einen besonders hohen Männeranteil. Erfolg und Status sind für Performer erstrebenswert. Sie zeichnen sich daher durch Führungswillen und eine hohe Leistungsbereitschaft aus und belohnen sich gern mit Statussymbolen und prestigeträchtigen Produkten. Performer sind zielstrebig und geben nicht schnell auf.
  • Disziplinierte sind der Alptraum eines jeden Marketers, denn sie sind von Natur aus sehr genügsam und diszipliniert und kaufen (fast) nur, was sie wirklich brauchen. Fun-Artikel und Fast Food bewirbt man bei ihnen vergeblich, sie kaufen eher langlebige Produkte mit praktischem Nutzen.
    Disziplinierte befinden sich auf der „Limbic Map“ zwischen Balance und Dominanz, die Stimulanz ist nur schwach ausgeprägt. Sie erledigen ihre Arbeit ordentlich und mit Präzision und eignen sich daher gut für Arbeitsstellen, an denen strukturiertes Vorgehen, Ordnung, Überblick und Vernunft gefragt sind.

Warum dann Personas?

Wenn sich die Kund:innen oder Kandidat:innen so wunderbar in Kategorien einteilen lassen, dann ist diese Einteilung ein perfektes Marketing- oder Recruiting-Instrument: Man schneide Werbung oder Stellenanzeigen auf die gewünschte Gruppe zu und streiche die Ergebnisse zufrieden ein. Hedonisten würden dann allerdings wohl ohne Job bleiben und Harmoniser nie Chef:in werden. Wie immer ist das wahre Leben komplexer als jedes noch so gute Modell, das weiß jede:r, die oder der schon einmal einen Persönlichkeitstest mitgemacht hat. Meist kommt ein Ergebnis heraus wie: „Bei Ihnen ist die Dominanz zu 53% ausgeprägt, Stimulanz zu 60% und Balance zu 86%.“ Mann kann also durchaus ein harmoniebedürftiger Traditionalist sein, der sich durchsetzt wo nötig und auch gern ab und zu mal etwas Verrücktes tut.
Die armen Marketer und HR-Menschen!

Noch dazu spielen Alter und Geschlecht für das emotionale Persönlichkeitsgefühl eine wichtige Rolle: Wer kennt nicht diesen Typen um die 20, der sich selbst für unsterblich hält, daher gern Risiken eingeht und sich selbst maßlos überschätzt? Der dann 40 Jahre später mit deutlich geringerem Testosteronspiegel auf dem Boden der Tatsachen ankommt und einkauft, als wäre er ein anderer Mensch? Tatsächlich nehmen das Dominanzhormon Testosteron und der Neurotransmitter Dopamin mit dem Alter ab. Das hat zu Folge, dass Menschen sich tendenziell von risikobereit zu sicherheitsbewusst und von durchsetzungsbestrebt zu harmoniebedürftig entwickeln, häuslicher und weniger neugierig werden, wenn auch in unterschiedlichem Maß. Demzufolge streben sie auch andere Arbeitsstellen an und bevorzugen andere Produkte. Auch das biologische Geschlecht spielt eine Rolle: Mehr Testosteron führt zu mehr Dominanz- und Stimulanz-Ausprägung und mehr Östrogen und Oxytocin zu mehr Balance-Ausprägung und Interesse an Fürsorge.

Innerhalb einer Limbic-Type-Gruppe kann es also Alters- und geschlechtsbedingt durchaus sehr verschiedene Interessen und Ausprägungen geben. Oder, und das ist noch wahrscheinlicher: Viele Menschen lassen sich nicht genau einer Gruppe zuordnen. Die Limbic Types sind ein gutes Mittel, um eine erste Segmentierung vorzunehmen und eine erste Idee von den Vorlieben, Interessen und Emotionen der Wunschkund:innen oder Wunschkandidat.innen zu bekommen und eine grobe erste Marschrichtung für das Marketing oder Recruiting festzulegen. Wer aber GENAU DIE RICHTIGEN Menschen für ein Produkt oder eine Stelle, auf GENAU DEN RICHTIGEN Kanälen ansprechen möchte, braucht eine genauere Annäherung. Datenbasierte Personas können das leisten: sie repräsentieren echte Menschen, und genau wie diese haben sie eine Tendenz zu dem einen oder anderen Limbic Type, aber genau wie wir sind sie sehr viel komplexer als ein „Type“. Sie geben uns Einsichten über altersbedingte Vorlieben, über typbedingte Gewohnheiten, familienbedingte Bedürfnisse und vieles mehr. Mit datenbasierten Personas gehen Sie weit über einen type hinaus und gelangen ganz nah an die Realität – mit jemandem, der oder die zwar keine echte Person ist, aber eine sein KÖNNTE und auf tausenden echter Personen basiert.

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