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Persona-Wissen: die Geschichte der Buyer-Personas

Buyer Personas haben längst begonnen, die Marketingwelt zu erobern. Aber wissen Sie, woher diese äußerst erfolgreichen Eroberer stammen und wer die ersten von ihnen waren? Oder wie alt sie sind – obwohl immer noch „Neuland“ für viele?
Zeit für ein wenig Persona-Geschichte.

Der Pionier: Alan Cooper

Personas kamen ursprünglich aus der Software-Entwicklung und Usability-Forschung.  Der Softwareentwickler Alan Cooper hatte sich schon in den 80er-Jahren kritisch damit auseinandergesetzt, dass seine Branche sich mehr darum kümmerte, was man programmieren konnte, als darum, wie und ob die späteren Nutzer damit interagieren würden. Viele Programme waren nutzerunfreundlich und führten bei den Anwendern zu viel Frust – obwohl gewünschte Features eigentlich da waren.

Cooper begann also, Softwarenutzer zu interviewen, um herauszufinden, wo ihre Pain Points bezüglich der Software lagen. Damit wollte er dann Software ohne Pain Points schreiben und seinen Kunden nutzerfreundliche Produkte anbieten. Das erste Ergebnis seiner Interviews war allerdings keine neue Software, sondern 1985 wurde so „Kathy“ geboren, die erste Persona. Benannt nach einer von Coopers Interviewpartnerinnen, war Kathy die Synthese aller Interviews, eine fiktive Softwarenutzerin, an deren Bedürfnissen Cooper seine Software ab dann ausrichten konnte.

1995 folgten dann „Cooper Chuck“, „Cynthia“ und „Rob“ für das Business Intelligence Unternehmen Sagent Technologies. Diese drei Personas basierten auf eingehenden Nutzerinterviews und wurden von Cooper auf Grund ihrer Aufgaben, Ziele und Fähigkeiten gruppiert. Daher nannte er sie „zielgerichtete Personas“. Mit ihrer Einführung machten Nutzerfreundlichkeit und Qualität der Produkte große Sprünge. Die zielgerichteten Personas waren so erfolgreich, dass das Unternehmen sie nutzte, um ein neues Produktsegment zu definieren.

In seinem Buch „The Inmates are Running the Asylum“ von 1998 über Probleme, die Nicht-Ingenieure mit der Nutzung von Software haben, führte Cooper erstmals eine Unterscheidung zwischen Buyer Personas und User Personas ein. Er empfahl Entwicklern, ihre Designs an die User Personas anzupassen, um einfach bedienbare Software zu entwickeln.

Der Marketer: Angus Jenkinson

Unter dem Namen „Customer Prints“ hatte der Marketingexperte und ehemalige Universitätsprofessor Angus Jenkinson fast parallel zu Cooper Anfang der 90er-Jahre das Konzept entwickelt, Kundensegmente als eine kohärente Identität zu sehen. Er präsentierte seine Entwicklung als „Beschreibungen von Archetypen eines Tages im Leben“ fiktiver Charaktere, die die Kunden repräsentierten. Er legte besonderen Wert darauf, Kunden mit ähnlichen Einstellungen und Verhalten zu gruppieren und somit Einsichten in ihr wahrscheinliches Kaufverhalten zu erlangen, die weit über die bloße Segmentierung hinausgehen und auch Werte, Wünsche, Hoffnungen und Frustration beinhalten – wie im wahren Leben.

Der Innovator: Clay Christensen

Mit den „Customer Prints“ und den „User/Buyer Personas“ hätte die Marketingwelt so schön in Ordnung sein können. Leider hakte es aber in vielen Unternehmen trotzdem und der erhoffte Erfolg blieb oft aus: Die Unternehmen konnten nur schwer herausfinden, welche Daten, Verhaltensweisen und Eigenschaften der Personas denn für sie relevant waren, und daher auch, welche Produkte ihre Kunden wahrscheinlich haben wollten.
Clay Christensen argumentierte 2003 in seinem Buch „The Innovator’s Solution“, basierend auf einer Idee von Tony Ulwick aus dem Jahr 1991: Menschen möchten einen Job erledigen und kaufen dafür ein Produkt. Marketer müssen also wissen, welche Jobs die Menschen in ihrem Alltag erledigt haben möchten, um die dafür passenden Produkte anzubieten. Das war die Geburtsstunde der „Jobs to de done“- Theorie. Viele Unternehmen waren gescheitert, weil sie sich zu sehr darauf konzentriert hatten, WER ihre Kunden waren, anstatt zu fragen, WAS IHNEN NÜTZT, welchen „Job“ ihre Kunden erledigt haben möchten.

Die Praktiker: Steve Mulder und Ziv Yaar

Da zu Beginn der 2000er Jahre zwar bereits viele Unternehmen Personas kannten, aber viele Marketer sie weder korrekt erstellen noch im Unternehmen einführen oder anwenden konnten, schrieben die beiden UX/Usalibity-Experten Steve Mulder und Ziv Yaar 2006 mit „The User is Always Right“ einen leicht verständlichen Leitfaden darüber, wofür Personas verwendet werden können, wie man sie erstellt und, vielleicht der wichtigste Punkt, wie man sie anderen vermittelt. Sie konzentrierten sich dabei auf drei Ansätze:

Qualitative Personas: Dieser „traditionelle Ansatz“ umfasst wie schon bei Alan Cooper  Benutzerinterviews, Feldstudien und Usability-Tests, um Daten zu sammeln, mittels derer man die User in Gruppen unterteilt, die gemeinsame Merkmale (z.B. Zielen, Motivation und Einstellungen) aufweisen. Eine solche Gruppe kondensiert dann zu einer Persona, indem mehr Details zu Zielen, Verhaltensweisen und Einstellungen hinzugefügt werden. Obwohl Qualitative Personas das Verständnis der Kunden verbessern können, haben sie den Nachteil, dass sie keine quantitativen Daten verwenden, was ihre Glaubwürdigkeit gegenüber Stakeholdern mit quantitativen Anforderungen herabsetzt.

Quantitative Personas basieren auf Big Data. Um sie zu erstellen, analysiert man das Verhalten von realen Kunden und verwendet dann statistische Methoden, um Gruppen oder „Cluster“ von ähnlichen Kunden zu identifizieren. Diese Cluster bilden die Grundlage für die quantitativen Personas. Der Vorteil dabei ist, dass diese Personas auf objektiven Daten basieren und so genau und zuverlässig sind. Allerdings erfordert die Erstellung den Zugang zu großen Datenmengen und Fachkenntnisse im Umgang mit Daten.

Gemischte Personas vereinen das Beste aus den zwei Welten: qualitative Personas, die durch quantitative Forschung verifiziert oder falsifiziert werden. Diese Verifizierung liefert die quantitativen Beweise, die erforderlich sind, um die Personas erfolgreich vor verschiedenen Interessengruppen zu präsentieren. Sie haben außerdem eine geringere Fehlerwahrscheinlichkeit als die nicht kombinierten Methoden. Nachteil dieser Methode: Sie erfordert viel Fachwissen, Zugang zu quantitativen Daten und Zeit.

Die neue Welt: Datenbasierte und automatisch generierte Personas

Der Begriff „Data Driven Personas“ wurde 2006 von Karen Lindsay Williams in ihrer Doktorarbeit zum Thema Personas im Designprozess am Georgia Institute of Technology erstmals eingeführt.

Datenbasierte Personas haben sich als Reaktion auf den Aufstieg von sozialen Medien, Online-Daten und Benutzeranalyseplattformen entwickelt: Große Datenmengen stehen heute problem- und kostenlos über soziale Medien, APIs und Online-Analyseplattformen zur Verfügung. Dies erleichtert es Unternehmen, das Verhalten und die Vorlieben der Kunden zu analysieren, um datengesteuerte Personas zu erstellen. Hinzu kommen große technische Fortschritte im Bereich Analytik, Programmierung und künstliche Intelligenz, die es erleichtern, Daten zu sammeln und zu verarbeiten: Man kann heute datengesteuerte Personas mithilfe von Persona-Generatoren erstellen, die Daten aus Analysetools wie Google Analytics und sozialen Medienplattformen (YouTube, Twitter, Instagram oder Facebook) ableiten. Die erste automatische Persona Generierung (APG) wurde 2016-2017 von einer Forschergruppe um Soon Gyo-Jung und Joni Salminen entwickelt. APG verarbeitet Millionen Benutzerinteraktionen mit Tausenden von Online-Digitalprodukten auf verschiedenen Social-Media-Plattformen wie Facebook und YouTube, identifiziert sowohl unterschiedliche Benutzersegmente und erstellt dann Persona-Beschreibungen, indem es automatisch relevante Merkmale wie Namen, Fotos und persönliche Attribute hinzufügt.

Algorithmen definieren und erstellen nun also Personas anhand echter statistischer Daten und erleichtern die Segmentierung einer vielfältigen Anzahl von Käufern.

Immer mehr Unternehmen nutzen daher Kundendaten, um fundierte Entscheidungen über ihre Kunden zu treffen.

Dies ist umso wichtiger, weil Kunden heute mehr denn je volatile Wesen sind: War Marketing noch bis tief in die 90er Jahre hinein ein relativ unkompliziertes Unterfangen, kein Marketer musste die Vorlieben der Kunden und ihre Customer Journey über multiple Plattformen und Geräte verfolgen, sind die Kunden von heute ständig neuen Inhalten, sozialen Medien und Produkten ausgesetzt, um nicht zu sagen reizüberflutet. Wer also heute etwas verkaufen möchte, muss relevante und ansprechende Inhalte erstellen, die die Aufmerksamkeit von Menschen mit einer sehr kurzen Aufmerksamkeitsspanne auf sich ziehen. Die datenbasierte Buyer Persona hat sich als die bisher beste Option herausgestellt, um zu erfahren, was die Kunden für relevant halten.

Anders als Gyo-Jung et al. und andere, die datenbasierte Personas auf verhaltensbasierten Daten gründen, fußen wir vom Persona Institut unsere datenbasierte Personas auf eigens dafür wissenschaftlich erhobenen Daten, repräsentativen Studien und Statistiken aus öffentlich zugänglichen Stellen wie den Statistik-, Einwohnermelde-Ämtern oder der Bundesagentur für Arbeit und daran angeschlossene Institute sowie Markt-Media-Studien.

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