BLOG | Personas und Upskilling

Upskilling und Personas

Die Arbeitswelt ist im ständigen Wandel begriffen. Das ist spätestens seit der Industriellen Revolution so. Traf es gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Laternenanzünder, Mitte des 20. Jahrhunderts die Besitzer von Tante-Emma-Läden und zu Beginn des 21. Jahrhunderts die deutschen Bergleute, so sind es heute Facharbeiter und Analysten oder andere, die durch Programme, Maschinen und KI ersetzt werden (könnten). „Wir gehen davon aus, dass 30% unserer Jobs bis 2030 nicht mehr notwendig sind, da sie von Maschinen oder Algorithmen ausgeführt werden. Dafür entstehen 30 % neue Jobs“ sagt Sabine Müller, CEO von DHL Consulting, auf der ZPE Virtual in einer Keynote.

 

 

Das bedeutet enorme Herausforderungen für Unternehmen und Mitarbeitende. Für Unternehmen kommt hinzu, dass aus dem Arbeitsmarkt in kurzer Zeit ein Bewerbendenmarkt geworden ist. Unternehmen müssen also mit dem technischen Fortschritt mithalten, ohne dass, wie noch vor 30 Jahren, qualifizierte junge Bewerbende für eine Stelle Schlange stehen oder gar gratis Praktika absolvieren. Dr. Marta Lang, Head of Public Sector (Academics, Government & Healthcare) bei LinkedIn Talent Solutions Deutschland Österreich Schweiz sagte im Mai auf der SymPublic: „80% der Stellen bei LinkedIn haben sich in den letzten 20 Jahren so verändert, dass die Personen heute etwas komplett anderes machen als vorher. Jeder dritte Arbeitnehmer wird in den nächsten zehn Jahren umgeschult werden.“ – Das betreffe weltweit 1 Mrd. Stellen. Herkömmliche Ansätze in der Personalentwicklung sind für solche Dimensionen nicht mehr ausreichend. Eine Lösung für dieses Problem ist das kontinuierliche Upskilling oder Reskilling der künftigen und bereits vorhandenen Mitarbeitenden.

Upskilling für heute und morgen

Upskilling bezeichnet die Weiterbildung von Mitarbeitenden, um durch neue Technologien entstandene „Skill Gaps“ zu füllen. So gerüstet, können die Mitarbeitenden effektiv und mit neuen Technologien auf ihrer gewohnten Stelle weiterarbeiten. Dies ist wichtig, um nicht zurückzubleiben – als Mensch und als Unternehmen. Im Rahmen des Life Long Learning ist Upskilling nicht einmal gemacht und dann „fertig“, sondern begleitet im Idealfall die Person durch ihr Arbeitsleben.

Firmen, die Upskilling in den Alltag integrieren, gewinnen damit nicht nur loyale und gut aufgestellte Teams, sondern sparen auch Zeit und Geld.

Reskilling bezeichnet die Umschulung von mitarbeitenden, damit sie eine neue, ihnen bis dahin fremde Position ausfüllen können. Das ist besonders dann wichtig, wenn Stellen durch technische Entwicklungen verschwinden und/oder neue Berufsbilder entstehen.

Im Multi- oder Cross-Skilling werden Mitarbeitende befähigt, Aufgaben aus verwandten Positionen zu übernehmen. Das macht sie vielfältiger einsatzbereit, ermöglicht eine Job-Rotation und macht das Unternehmen insgesamt agiler.

Wie klappt Upskilling?

Upskilling und Life long learning in einem Unternehmen dauerhaft zu verankern, braucht – wie alle Change-Prozesse – eine gute Vorplanung, damit erstens die Menschen mitgenommen werden und zweitens die Maßnahmen auch greifen.

An erster Stelle steht daher eine Kompetenzanalyse der bereits im Unternehmen arbeitenden Personen: Was können sie schon, wo wollen sie hin, was sind ihre persönlichen Entwicklungsziele und was sollten sie daher zusätzlich lernen? Halten Sie all das in einer Übersicht fest.

Danach kommt eine Soll-Analyse: Welche Fähigkeiten wird das Unternehmen in Zukunft benötigen?  Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sind vielleicht bald obsolet? Wenn sie beide Übersichten miteinander abgleichen, tritt schnell zutage, welche Kompetenzen im Unternehmen fehlen und für welche Menschen mit weniger gefragten Fähigkeiten ein Reskilling angebracht wäre, und wenn ja, was für eins. Machen Sie für die fehlenden Fähigkeiten eine Prioritätenliste.

Der nächste Schritt ist ein Plan zu Up-, Cross- und Reskilling der Mitarbeitenden: Fachlich und zeitlich. Dabei ist die erste Übersicht besonders wichtig: die mit den persönlichen Entwicklungszielen, denn sie sind ein wertvoller Bindungs- und Motivationsfaktor: Was man gern tut, macht man gut und was man immer schon lernen wollte, lernt man schneller und motivierter. Der Skilling-Plan soll den Mitarbeitenden schließlich keine Angst machen, sondern ihnen Chancen bieten. Bei der Auswahl der Skilling-Massnahmen gibt es viele Optionen: Klassische Schulungen und Seminare, oder auch Microlearning-Kapseln werden meist von außen einkauft. Aber auch interne Maßnahmen wir Mentoring-Programme, bei denen erfahrene Mitarbeitende andere „on the Job“ schulen oder wie in der Ausbildung üblich, eine Rotation durch die Abteilungen.

Damit die Skilling-Massnahmen Erfolg haben und die Belegschaft motiviert ist, brauchen alle Teilnehmenden die dafür nötige Zeit, ohne sich unter zusätzlichem Druck zu fühlen. Daher sollte der Skilling-Plan zeitlich gut abgestimmt sein, damit das Tagesgeschäft trotzdem nicht liegenbleibt. (z.B. Schulungen nach Messen, nicht davor; in der „Nebensaison“, falls vorhanden, im „Sommerloch“ oder nach einer wichtigen Projektdeadline, etc.). Mentoring-Programme können fest in den Wochenablauf eingebunden werden und bei Microlearning haben die Mitarbeitenden volle Flexibilität. Während und nach den Skilling-Maßnahmen ist es wichtig, die neuen Fähigkeiten zu messen und die geschulten Personen nach ihrem Feedback zu fragen.

Dass in der sich verändernden Arbeitswelt neue Fähigkeiten gebraucht werden, betrifft nicht nur Mitarbeitende, sondern auch und gerade Führungskräfte: Waren früher Führungsqualitäten eine der wichtigsten Fähigkeiten auf dieser Ebene, so ist es heute die Fähigkeit, Teams so zusammenzustellen, dass sie fachlich wie menschlich harmonisch funktionieren und gemeinsam wachsen können. Harmonische Teams sorgen für Motivation und verringern die Fluktuation. Fachliche Qualifikationen werden zwar immer wichtig bleiben, aber in Zukunft wird das menschliche Miteinander an Bedeutung gegenüber dem klassischen Lebenslauf gewinnen.

Soft Skills und Personas im New Work

Die Ära der Soft Skills hat längst begonnen. Einer Studie von IBM zufolge beträgt die Halbwertszeit einer technischen Fertigkeit heute etwa 2,5 Jahre. Das heißt, wer bei den Hardskills nicht ständig Upskilling betreibt, wird irgendwann zurückbleiben. Soft Skills dagegen veralten nicht und sie nutzen auch nicht nur in einem Berufsfeld, sondern in jeder Abteilung und aus außerhalb des Unternehmens. Bereits 2012 rief Google das „Projekt Aristoteles“ ins Leben, um herauszufinden, warum einige Teams erfolgreich sind und andere nicht. Eine Erkenntnis daraus ist, dass nicht die Hard Skills ein Team effektiv machen, sondern Faktoren wie psychologische Sicherheit (also nette, hilfsbereite Mitstreiter), und Zuverlässigkeit.

Entgegen der weitverbreiteten Meinung, dass man Soft Skills „einfach so hat“, kann und muss man sie aktiv üben. Dazu bieten sich vor allem interaktive Trainings an. Hinzu kommt, dass viele Menschen – auch Führungskräfte – sich ihrer Soft Skills wie Kreativität, Überzeugungskraft, Anpassungsfähigkeit und gelungenem Zeitmanagement gar nicht bewusst sind. Sabine Müller von DHL hat datenbasierte Personas als passendes Instrument ausgemacht, um Soft Skills sichtbar zu machen und Upskilling verträglich voranzutreiben. Die HR-Abteilung hat ihre echten Mitarbeitenden als Cluster rund um sechs datenbasierte Personas gruppiert. Die Leitfragen dabei waren: Wer möchte wie angesprochen werden? Wer bringt welche Fähigkeiten mit? Wer verhält sich wie? Wen kann man mit welchen Tools „upskillen“? Die realen Mitarbeitenden konnten selbst entscheiden, welcher datenbasierten Persona – vom Traditionalisten bis zur Tech-Savvy sie sich selbst zuordnen würden, sodass niemand „von oben“ in eine Schublade gesteckt wurde. So sind die Mitarbeitenden mitgenommen und die Führungskräfte haben gute Anhaltspunkte, wer welche Art von Schulung braucht, möchte und handeln kann.

Datenbasierte Personas sind keine echten Mitarbeitenden, aber sie bilden sie gut ab und bringen neben Demografie und harten Fakten auch Wünsche, Ängste, Vorlieben, Motivation und Pain Points mit. Datenbasierte Personas haben Hard- und Soft Skills und sind daher die beste Annäherung an Mitarbeitende, wenn es darum geht, einen Skilling-Plan zu erstellen.

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