Personas in der Altenpflege
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft könnten in Deutschland in der stationären Versorgung bis zum Jahr 2035 insgesamt rund 307.000 Pflegekräfte fehlen. Immer weniger junge Menschen steigen in Pflegeberufe ein. Viele bereits dort Beschäftigten reduzieren ihre Stundenzahl oder werfen gleich ganz das Handtuch. Wie datenbasierte Personas bei diesem Dilemma helfen können.
Was sich Pflegekräfte wünschen
Nun ist es sehr einfach, zu sagen „mehr Geld löst das Problem.“ Dass dem nicht so ist, sondern ein großer Teil des Problems ganz woanders liegt, zeigen drei aktuelle Studien zum Thema: eine des Bundesgesundheitsministeriums, eine der Arbeitnehmerkammer Bremen und eine Studie des IGES Instituts in Kooperation mit dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Karla Kämmer Beratungsgesellschaft für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
Alle drei Studien kommen zu dem Ergebnis, dass angemessene Bezahlung zwar wichtig, aber weder das einzige noch das wichtigste Kriterium ist, das bestehende Pflegekräfte halten und zukünftige anlocken würde. Die wichtigsten Punkte abseits der Bezahlung sind demnach:
- Ein digitaler Arbeitsplatz mit zuverlässigem Internet, elektronischer Patientenakte und digitaler Dokumentation, sowie dazugehörige Schulungen.
- Die Einhaltung der am Pflegebedarf ausgerichteten Personalzusammensetzung, nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis.
- Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Mehr Freizeit ist zur Überraschung vieler deutlich weniger relevant als verlässliche Dienstpläne und individuell zugeschnittene Arbeitszeiten. Betriebskita, Ferien- und Hausaufgabenbetreuung werden ebenfalls als entlastende Elemente genannt.
- Gute Stimmung im Team, Wertschätzung und ein angenehmer Führungsstil. Diese Punkte lassen den Studienteilnehmern und -Teilnehmerinnen zufolge am meisten zu wünschen übrig und sind ihnen sehr wichtig.
Punkt eins lässt sich ebenso wie die angemessene Bezahlung großteils mit Geld lösen. Punkt zwei und drei sind ein wenig wie das Henne-Ei Problem: Ohne mehr Personal keine verlässlichen Dienstpläne und keine bedarfsgerechten Personalschlüssel und ohne diese kein Personal. Punkt vier, den die Pflegekräfte als sehr wichtig nennen, ließe sich demgegenüber mit einem Kulturwandel in den Köpfen der Führungskräfte lösen.
Personas ergänzen mit noch mehr Insights in die Candidate-Zielgruppe
Unsere Erfahrung mit Personas für die Pflegebranche deckt sich mit den aktuellen Studien: Wertschätzung ist das A und O für die Menschen in dieser Branche, hinzu kommt Unterstützung im Arbeitsalltag sowie Zeit für echte Pflege und menschliche Zuwendung. Schon mit diesen Faktoren würde sich die Mitarbeiterbindung deutlich erhöhen.
Die von uns erstellten Pflegepersonas für mehrere Klinikgesellschaften haben neben den Ergebnissen der Studien noch weitere wichtige Details zu den Kandidaten und Kandidatinnen für Pflegestellen offengelegt, die für eine erfolgreiche Ansprache potenzieller neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Rolle spielen:
So sind Teilzeitmodelle auf Grund der oft belastenden Arbeitsbedingungen sehr gefragt. Arbeitgeber, die Teilzeitmodelle aktiv anbieten, werden also eher Erfolg beim Rennen um die Fachkräfte haben als Unternehmen, die nur Vollzeitstellen ausschreiben oder die Stundenzahl „unter den Tisch fallen lassen“.
Des Weiteren befinden sich im Pool der potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen ein hoher Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund sowie viele ältere Arbeitskräfte, die gern noch auf traditionelle Weise angesprochen werden. Wichtig sind für sie auch so einfache Dinge wie ausreichend große Schrift und gut sichtbare Kontraste in den Anzeigen, ein schlichtes Design mit wenig Ablenkung sowie eine konkrete Ansprechperson mit direkter Telefonnummer gleich in der Stellenanzeige oder die Möglichkeit einer Bewerbung „auf die alte Art“, per Post. TikTok, gestylte junge Models und junges, aber unrealistisches Wording schrecken diese Gruppe dagegen eher ab. Stattdessen wirken Fotos von echten Mitarbeitenden, ungeschminkt und authentisch als pull-Faktor. Wer sie erreichen möchte, sollte besonders auf das Wording achten und Bürokratendeutsch vermeiden. Eine weitere Erkenntnis aus unseren datenbasierten Candidate-Personas für die Pflegebranche ist, dass viele ihre Information über offene Stellen und die Arbeitgeber an sich durch Mund zu Mund Propaganda erhalten. Das in der Anzeige aktiv aufzugreifen, hilft ebenfalls bei der Kandidatensuche – etwa durch Prämien für erfolgreiche Vermittlungen.
Da die Wertschätzung so weit oben auf der Wunschliste der Personen in der Pflege steht, sind unpersönliche Stellenanzeigen, die nur Aufgaben und Anforderungen auflisten, Gift für den Recruitingerfolg, ganz gleich in welcher Altersklasse. Wer dagegen anschaulich die Bemühungen um ein gutes Arbeitsklima und angenehme Arbeitsbedingungen darstellt, erhöht die Attraktivität der Stellenanzeige bei der gesuchten Zielgruppe. Neben den Benefits wirken kurze Testimonials von echten Angestellten und Erfahrungsberichte besonders gut. Pflegeeinrichtungen tun gut daran, aktiv zu kommunizieren, wenn es „gut läuft“.
Wie eingangs erwähnt, hapert es in vielen Pflegeeinrichtungen besonders am Arbeitsklima und dem Führungsstil, DER große Pain Point der Beschäftigten. Auch hier können Personas helfen. Zwar können Personas nicht von heute auf morgen die Führungsetage „umkrempeln“, aber eine „Ist-Persona“ aus der Führungsetage und eine „Wunsch-Persona“, die die ideale Führungskraft abbildet können helfen: Erstens bei der Neurekrutierung von Führungskräften – um von Anfang an gezielt Personen zu suchen, die der Wunsch-Persona entsprechen. Und zweitens, kann die Differenz zwischen „Ist“ und „Wunsch“ helfen, vorhandene Führungskräfte mit Defiziten gezielt zu coachen und zu schulen, damit sie der Wunschführungskraft näher kommen, damit sich das Betriebsklima bessert und die Absprungrate verringert.
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