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BLOG | Personas statt Generationen

Warum Generationen keine Grundlage für Entscheidungen sein sollten

Es könnte so einfach sein: Wir teilen die Welt, in diesem Fall die Menschen, in Generationen ein, schreiben ihnen Eigenschaften zu und behandeln sie dementsprechend. Warum es Generationen gibt, wozu diese Einteilung taugt und warum datenbasierte Zielgruppenanalysen das bessere Werkzeug sind.

 

 

Welche Generationen gibt es und warum?

Der Soziologe Karl Mannheim beschrieb schon 1928 eine Generation als eine Gruppe von Menschen, deren Jugend und damit deren Einstellung im kompletten weiteren Leben durch einschneidende gemeinsame Erlebnisse geprägt ist. Das kann z.B. ein Krieg sein, oder der Zusammenbruch der DDR, eine Hungersnot oder auch das Wirtschaftswunder.  Momentan wird die arbeitende Bevölkerung in vier „Generationen“ eingeteilt:

  • Die Baby Boomer, die älteste noch auf dem Arbeitsmarkt aktive Generation, legen demnach auf der Arbeit Wert auf Leistung, Fleiß und „sich durchbeißen“ und kaufen sich von ihrem hart erarbeiteten Geld gern Statussymbole oder tolle Erlebnisse.
  • Die Generation X, die letzte analog aufgewachsene Generation, ist angeblich individualistisch und ambitioniert und strebt nach materieller Sicherheit. Arbeit ist dabei ein Mittel zum Zweck.
  • Die Generation Y hat im Vergleich zu ihren Eltern eine höhere Bildung und schon in jungen Jahren viel von der Welt gesehen. Sie hat in ihrer Kindheit das Internet groß werden sehen und legen Wert auf Sinn und Selbstverwirklichung.
  • Und die GenZ, die Generation, die gerade noch zur Schule geht oder das Arbeitsleben beginnt, macht keinen Unterschied mehr zwischen analoger und digitaler Welt, möchte sich lieber entfalten als arbeiten und sieht für die eigenen Zukunft schwarz, dank Klimawandel und anderer Krisen.

So weit, so die Klischees. Leider ist die Welt ein wenig komplizierter. Wer erinnert sich nicht an seine oder ihre Schulklasse, besetzt mit lauter Kindern aus dem gleichen Jahrgang? Und trotzdem gab es in so gut wie jeder Klasse den Klassenclown, die Queen, das Mauerblümchen, den Nerd, die Tierliebhaberin, den Sport-Crack und viele andere. Immer schon, über Generationen hinweg.

Wie passt das zusammen? Und wie soll man seine Zielgruppe adressieren, wenn schon in einer so kleinen Gruppe wie einer Schulklasse so viele verschiedene Interessen vertreten sind? Stimmt die Einteilung nach Generationen überhaupt (noch), oder ist das Ganze nur ein Marketing-Trick?

Die Antwort ist wieder nicht so einfach: Weder-noch. Natürlich ist die Einteilung in Generationen nicht nur ein Marketing-Trick, sondern eher eine „Krücke“ – oft genutzt, weil gerade nichts Besseres da war. Gerade im Marketing und Employer Branding sind die Generationen sehr beliebt, weil sie eine Option bieten, Menschen irgendwie in Kategorien einzuteilen und damit das vorhandene Budget streuverlustfreier einzusetzen. Allerdings entsteht dadurch ein sich selbst verstärkender Effekt: Marketing und Employer Branding sitzt Klischees auf, die zwar gefühlt so beobachtet werden, aber wissenschaftlich nicht nachweisbar sind. Diese Klischees erscheinen dann in der Werbung oder bei der Personalsuche, werden so unter die Leute gebracht und verfestigen Stereotypen. Und dann sieht man, was man sucht… und bewirbt, was angeblich passt mit scheinbar passender Ansprache. Das klappt – bis zu einem gewissen Punkt. Aber es geht auch sehr viel in Streueffekten verloren, denn: Sorgen, Wünsche, Lebensumstände und Pain Points fallen dabei weitestgehend unter den Tisch. Und so kommt es dann zu dieser Art von Werbung, die wir alle schon einmal gesehen und belächelt haben: Eine sehr gut aussehende Person, die altersmäßig meiner Generation entspricht, erscheint auf dem Bildschirm, trägt schöne Kleidung zu passenden Schuhen, wirbelt durch ein Wohnzimmer von der Größe eines Ballsaals und wirbt dann in einer blitzblanken und perfekt aufgeräumten Küche wahlweise für Spülmittel, Handcreme, kratzfeste Töpfe, oder anderes. Identifikationspotenzial: Nahe Null.

Der Generationsbegriff in der Wissenschaft

Tatsächlich hat die empirische Sozialforschung in den letzten Jahren an dem Phänomen „Generationen“ gearbeitet und dabei Erstaunliches herausgefunden. Ausgehend von Karl Mannheims Lehre wurde ein 15-Jahres-Rhythmus für eine Generation festgelegt. Eine Generation ist also nicht die direkten Eltern der folgenden Generation, sondern angeblich durch andere Erlebnisse in der Jugend geprägt. Was aber, wenn es gar kein prägendes Erlebnis gab? Neueste Studien zeigen, dass einfach nach 15 Jahren eine neue Generation „ausgerufen“ wird, und man im Nachhinein mögliche prägende Erlebnisse sucht. Wobei auch da wieder immer nur das gefunden wird, was auch gesucht wird. So liegt es z.B. nahe, den Klimawandel als prägendes Erlebnis der heute Jungen Generationen Z und Alpha (ab 2010) zu deuten. Wer einmal eine FFF-Demonstration gesehen hat, mag das gerne glauben. Aber interessiert das wirklich die ganze „Generation“? Wer war dort wirklich auf der Straße? Wer nicht? Und was bewegt die Menschen, die nicht da waren? Psychologe Rüdiger Maas, Leiter des privatwirtschaftlichen Instituts für Generationenforschung untersucht mit einem interdisziplinären Team, ob es „Generationen“ überhaupt gibt und kommt zu dem Ergebnis, dass die einfache Einteilung in 15 Jahres-Schritte keinen Sinn macht und nicht wissenschaftlich ist.

„Generationenforschung funktioniert ungefähr so wie Horoskope“, sagt der Soziologe Martin Schröder im Podkast Wissen Weekly. Sprich: „Die sagen etwas über Menschen, was irgendwie stimmt, was aber so formuliert ist, dass es immer stimmt. Z.B. Generation Y hat nicht so viel Lust auf Arbeiten, aber irgendwie sind sie doch an einer Karriere interessiert.“ Das nennt man „Confirmation Bias“: Menschen neigen dazu, Informationen so zu interpretieren, dass die eigenen Erwartungen bestätigt werden. Wer weiß, welche Eigenschaften angeblich zu einer Generation gehören, ordnet sich und anderen diese Klischees dann auch zu.

Es wird oft davon ausgegangen, das unterschiedliche Einstellungen zu einem Thema an der Generation liegen. Das vernachlässigt allerdings andere wichtige Faktoren: Erstens der Periodeneffekt: Der Zeitgeist ändert sich. Etwas, das vor 50 Jahren ein Tabu für alle Generationen war, kann heute für alle OK sein. Des Weiteren gibt es den Alterseffekt: 20-jährige haben auf Grund ihrer Lebensphase andere Interessen und Sorgen als 60-Jährige. Der Generationeneffekt dagegen bedeutet, dass jemand eine bestimmte Einstellung hat, weil er oder sie in einem bestimmten Jahr geboren wurde. Und dass diese Person ihr Leben Lang anders denkt als jemand, der 20 Jahre älter oder jünger ist. Martin Schröder hat das wissenschaftlich untersucht. Auf Grund der großen Datenbasis konnten Alters- und Periodeneffekte herausgerechnet werden. Ergebnis: Einstellungen und Denkweisen lassen sich nicht mit dem Geburtsdatum erklären und „Generationen“ wie sie weitläufig unterteilt werden, gibt es gar nicht. Rüdiger Maas kommt zu ähnlichen Ergebnissen und sagt: Es ist empirisch möglich, eine digital aufgewachsene Generation Z festzustellen. Auch die Baby Boomer, die ja sehr viele waren und daher untereinander in großer Konkurrenz standen, sind „sichtbar“, aber nur geringfügig. Die anderen Generationen sind vor allem: Marketing.

Was also tun, um das gute Firmenbudget trotzdem gezielt einzusetzen? Die Antwort ist: Die Zielgruppe kennenlernen. Nicht per Horoskop, Bauchgefühl oder raten, sondern mit DATEN. Datenbasierten Personas. So gehen sie sicher, dass Ihr Budget genau dort eingesetzt wird, wo es viel ROI bringt und sich die Zielgruppe wirklich angesprochen und verstanden fühlt.

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